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Re: schmuck?



Hallo Ann,

irgendwie ist mir die Idee suspekt, dass du eine

> diplomarbeit zum
> thema:schmuck fuer blinde und sehbehinderte
> menschen.

schreibst. Ist Schmuck fuer Blinde anders als Schmuck fuer andere  
Menschen, die einen verschiedenen Geschmack haben, mit Schmuck etwas  
bestimmtes ausdruecken wollen (z.B. Modebewusstsein, Extravaganz,  
Reichtum, religioese Gebundenheit etc.)? Liegt nicht schon in der  
thematischen Eingrenzung die Gefahr, den individuellen Gefallen an  
bestimmtem Schmuck auf blindheitstypisches wie z.B. geraeuschemachend oder  
"passt zu allem" oder Dekor gut tastbar oder "nicht verletzungstraechtig"  
zu verfaelschen?

Du schreibst:
schwehrpunkte liegen
> bei"haptik-sinnlicher-erfahrung-tragbarkeit.

Es legt nahe, dass Du damit den optischen Aspekt ausklammerst, wodurch das  
kommunikative an Schmuck unter den Tisch faelt. Karikiert bedeutet das,  
den schmaechtigen blinden Mann mit pompoeser Uhrkette, die seine gewollte  
Macht unterstreicht, oder die matronenhagte blinde Dame, die mit viel sich  
gegenseitig totschlagendem klingelndem Glitterkram behaengt ist, wie ein  
Weihnachtsbaum als "typische" weil blinde Exemplare von Schmuckvorlieben  
bei Blinden zu beschreiben.

Noch etwas fuer mich Problematisches:

zur zeit
> arbeite ich mit blinden jugendlichen zusammen,die von
> dieser idee begeistert sind.

Blinde Jugendliche sind geburtsblind oder als Kinder erblindet - von mir  
selbst ausgehend (ich bin erst mit 23 Jahren erblindet) weiss ich noch,  
dass ich in dem Alter einen ziemlich anderen Geschmack und Stil hatte,  
viel beeinflussbarer war, viel modeabhaengiger. Von blinden Kindern weiss  
ich - wenn auch nicht auf Schmuck bezogen - dass sie gerade was das  
optische gesehen und beurteilt werden betrifft, extrem von ihren Eltern  
oder sonstigen vertrauten Bezugspersonen abhaengig sind. Es ist sicher  
spannend und auch fuer die blinden Jugendlichen gut, wenn sie sich mit  
eigenen Gefallens-Aspekten befassen, aber ich finde es nicht richtig,  
dabei Fragen des eigenen Stils und der eigenen Wirkung auf andere  
auszublenden (s.o.). Absurd finde ich es, wenn sie bloss dadurch in ihren  
Schmuckvorlieben was mit mir zu tun haben, weil sie auch blind sind.

Dies schreibe ich auch vor dem Hintergrund, dass es mir nach meiner  
ploetzlich aufgetretenen Spaeterblindung, die mit einer erheblichen  
Beeintraechtigung meines aeusseren Erscheinungsbilds einherging, sehr  
schwerfiel, wieder eine Vorstellung von mir zu bekommen und mich zu  
stylen.

Ich hoffe, dass ich dich nicht beim Schreiben Deiner Diplomarbeit  
blockiert habe. Ein bisschen verunsichern wollte ich Dich aber schon,  
damit diese mir wichti erscheinenden Aspekte nicht aussen vor bleiben.

Machs gut!
Gruss
Ursula
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